Im Reich der Wildtiere ist es der natürliche Lauf der Dinge, dass Elterntiere und ihr Nachwuchs irgendwann getrennte Pfade beschreiten. Dieser Übergang zur Selbstständigkeit ist ein entscheidender Abschnitt im Leben jedes Tieres und variiert stark je nach Art und individuellen Umständen. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf einige Beispiele und die Gründe für diese eigenständige Streifzüge.
Die Rolle der eigenständigen Streifzüge im Wildrevier
Mit dem Eintritt des Sommers und der damit verbundenen Hitze und Trockenheit, beginnt für viele Tiere eine Zeit des Wandels. Rotfüchse, Rehwild und andere Wildarten sind gezwungen, die vertrauten mütterlichen Streifgebiete zu verlassen und eigene Pfade zu beschreiten. Aus Geschwistern und Weggefährten werden oft Rivalen.
Die Gründe für diese eigenständigen Streifzüge sind vielfältig und dienen unter anderem als wichtiger Faktor, um Inzucht in einer Population zu vermeiden. Durch die Streifzüge eines Geschlechts wird die Paarung mit engen Verwandten vermieden. Aber auch der Zugang zu Ressourcen und die Vermeidung von Konkurrenz spielen eine entscheidende Rolle.
Eigenständige Streifzüge bei verschiedenen Wildarten
Rotfuchs: Frühreif auf Reviersuche
Beim Rotfuchs ist die Konkurrenz um Ressourcen ein zentraler Beweggrund für die eigenständigen Streifzüge. Ein eigenes Revier sichert Zugang zu Äsung und Fortpflanzungspartnern. Da die Sterblichkeit bei Rotfüchsen in den ersten beiden Lebensjahren sehr hoch ist, besteht ein erheblicher Druck, schnell ein eigenes Territorium zu etablieren. Dieser Prozess beginnt bereits im August und kann bis in den Dezember hinein andauern.
Bei städtischen Fuchsfamilien sind die Verhältnisse klar. Wie englische Forscher herausfanden, entscheidet das weibliche Oberhaupt der Familie, wer den Verband verlassen muss und wer bleiben darf. Demnach müssen die männlichen Nachkommen der dominanten Fähe das Fuchsrudel verlassen, wohingegen die weiblichen Nachkommen tendenziell bleiben dürfen. Genau umgekehrt stellt sich die Situation bei den Welpen nachrangiger Fähen dar. Hier werden die männlichen Jungfüchse eher geduldet. In dieser Strategie wird ein Mechanismus gesehen, um Inzucht zu vermeiden.
Dachs: Muss ich denn wirklich weg?
Dachse zeigen bei mittleren und hohen Dichten eine geringe Tendenz zur eigenständigen Streifzüge. Wenn sie dennoch streifen, überbrücken sie oft nur geringe Distanzen und wechseln einfach in ein benachbartes Territorium. Bemerkenswert ist dabei, dass sie dann Teil eines anderen Dachsclans werden.
Rehwild: Die Starken gehen
Bei Schalenwild besteht ein Zusammenhang zwischen Körpergewicht und Neigung zur eigenständigen Streifzüge. Stärkere Tiere wandern früher und weiter ab als leichtere Artgenossen, um Konkurrenz zu vermeiden. Neben der körperlichen Verfassung spielt aber auch der Status der Immungenetik eine Rolle. Tiere mit einer geringen Immun-Gendiversität streifen eher, um einer Umgebung mit vielen Krankheiten oder Parasiten zu entkommen.
Schwarzwild: Sozialer Aufstieg
Gründe für eine eigenständige Streifzüge können aber auch im sozialen Bereich liegen. Beim Schwarzwild ist bekannt, dass Tiere den Verband verlassen, um eine höhere Position einzunehmen oder weil sie in der Hierarchie ganz unten stehen.
Rotwild: Wandern ist Hirsch-Sache
Beim Rotwild gibt es eine erhöhte Neigung der männlichen Tiere, eigenständige Streifzüge zu unternehmen. Die Streifneigung bei den weiblichen Tieren liegt zwischen 5 % und 20 %, bei den Hirschen ist der Anteil mit 40 % bis 80 % deutlich erhöht. Auch die Streifdistanzen sind bei den Hirschen deutlich größer. Die Bereitschaft, eigenständige Streifzüge zu unternehmen, hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab, in erster Linie jedoch von der Populationsdichte und dem Geschlechterverhältnis.
Die Bedeutung der eigenständigen Streifzüge für den Jagdbetrieb
Das Wissen um die eigenständigen Streifzüge unserer Wildtiere ist auch für den praktischen Jagdbetrieb relevant. Mit Blick auf die (Wieder-)Vernetzung von Populationen und das Anlegen grüner Korridore liefern Daten von streifenden Tieren wichtige Einblicke und Informationen in das Verhalten unseres Wildes und auch Telemetriestudien konnten unser Wissen wesentlich erweitern. Dieses Wissen ist von hoher Relevanz bezüglich des notwendigen genetischen Austauschs aber auch hinsichtlich der Neubegründung von Populationen.
Das Fazit
Eigenständige Streifzüge sind ein natürlicher und notwendiger Prozess im Tierreich. Sie ermöglichen es den Tieren, neue Gebiete zu erkunden, Ressourcen zu sichern und genetische Vielfalt zu fördern. Durch das Verständnis dieses Verhaltens können wir effektivere Strategien zur Erhaltung und Verwaltung unserer Wildtiere entwickeln.
Es ist jedoch wichtig zu bedenken, dass das Streifverhalten von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird und dass jede Tierart ihre eigenen spezifischen Strategien und Anpassungen hat. Daher ist es wichtig, bei der Entwicklung von Managementstrategien und -plänen die spezifischen Bedürfnisse und Verhaltensweisen jeder Tierart zu berücksichtigen.
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